Hydrogel statt Latex?

bill-gates-condom2Materialien für Kondome gibt es ja nun nicht viele – neben dem allgegenwärtigen Latex haben wir noch Polyisopren, Polyurethan, AT-10 und – ja, was? Eigentlich nichts mehr, wenn man von Kondomen aus Lammdarm, die es tatsächlich noch gibt, mal absieht. Es wird also wirklich Zeit, mal was Neues zu probieren.
Dr. Sina Naficy und Dr. Robert Gorkin von der Universität von Wollongong (nie gehört, gibts aber wirklich, ist hier) haben sich deswegen zusammen mit ihrem Team mit sogenannten Hydrogelen beschäftigt (die bestehen eigentlich nur aus Wasser, das durch ein paar Polymerketten zusammen und elastisch gehalten wird) und diese für die Anwendung als Kondom optimiert; dafür gab es auch, verdienterweise, einen Zuschuss von Bill Gates 🙂
Den aktuellen Status der Entwicklung dieses überaus interessanten Materials findet man in einem jetzt auf YouTube veröffentlichten Bericht. Meines Erachtens könnte das was werden… ich bin gespannt.

Kondome aus dem Regenwald… Extra feucht, oder was?

Natex KondomeNein. Nicht extra feucht. Aber gut. Zumindest für den Regenwald – wie es mit der Qualität für den Anwender aussieht, kann ich nicht sagen, da die Kondome momentan nur in Brasilien erhältlich sind (und wenn man den Gerüchten glauben darf, nicht einmal gegen Geld, sondern nur gratis). Interessant ist zumindest, dass Natex-Kondome nicht, wie sonst allgemein üblich, aus aus Plantagenanbau gewonnener Latexmilch hergestellt werden, sondern dass ausschließlich Latexmilch aus wild wachsenden Gummibäumen verwendet wird; nach eigener Aussage ist dieses Latex besonders reißfest und soll statt der von der Norm geforderten 18 Liter bis zu 40 Liter Berstvolumen aufweisen. Also, Leute: Falls mal jemand in den „Wilden Westen“ Brasilien kommt und bis nach Xapuri vordringt: bringt mir bitte mal eine Handvoll Regenwaldkondome mit!

Kondomwerbung fördert Kondomnutzung … nicht.

Eigentlich sollten wir es schon seit Jahren wissen… aber solche Erkenntnisse gehören nun mal zu denen, die weniger gerne erwähnt werden, denn in der Werbung gibt es – auch und gerade für Kondome – immer noch genug zu verdienen. Quick & Stephenson haben in einem Aufsatz für Communication Research jedoch bereits 2007 belegt, dass Werbung für die Benutzung von Kondomen deutliche Reaktanz hervorruft – d.h. viele der druch die Werbung explizit angesprochenen Personen verwenden Kondome „nun gerade“ nicht.

The authors tested the conceptual coherence of this construct by examining its association with threat-to-choice perceptions and ad persuasiveness of condom ads. Across seven condom television ads, the authors found evidence in support of treating reactance as a latent variable comprised of negative cognitions and state anger.

Quick, Brian L. & Stephenson, Michael T. (2007). Further Evidence That Psychological Reactance Can be Modeled as a Combination of Anger and Negative Cognitions. Communication Research 34(3): 255-276. (Mit Dank an ScienceFiles, durch deren Artikel über Reaktanz ich mich wieder daran erinnerte, damals diesen Aufsatz gelesen zu haben. Leider habe ich ihn nicht mehr… falls mir also jemand was Gutes tun will, könnte er mir das als PDF schicken. Danke!)

Was kostet ein Kondom auf Kuba?

Der Kurier weiß es ganz genau:

Der Preis für ein Kondom kann dort nun so hoch sein wie das Durchschnittsgehalt eines kubanischen Arbeiters.

kondompreiskuba

Wow.
Da wollte ich schon anfangen zu schauen, wie man am schnellsten Kondome nach Kuba exportieren kann – bei diesen Verdienstmöglichkeiten!
Aber nein. Die vom Kurier verschämt zitierte Quelle, der Guardian, setzt das Ganze in ein etwas anderes Licht:

The price of a single condom has risen from just pennies to about $1.30, a day’s wages for a typical Cuban worker.

Nun ja. Tagesgehalt umgerechnet in Dollar (was bei nicht konvertierbaren Währungen zwar nicht ganz aufgeht, aber egal). „Durchschnittsgehalt“ klingt eben – auch wenn es natürlich nicht gesagt wird – nach Monatsgehalt, und das ist natürlich eine passende Meldung für den Kurier.
Sachlich gesehen ist es einfach so: wenn von den subventionierten Billiggummis aus China eben nicht mehr genug da sind, bewegt sich der Preis eben nach oben. Und 1 Euro pro Kondom ist nun zwar nicht gerade billig, aber durchaus noch vertretbar. Für hiesige Verhältnisse jedenfalls.

Was mir eher die Augenbrauen nach oben treibt, ist dieser Absatz:

He said Ensume had struggled to keep up with a ruling by the state’s regulatory medical agency Cecmed two years ago that the 2012 expiration date on millions of condoms imported from China was incorrect and that the packages had to be relabelled 2014.
Gonzalez said the workers could only repackage 1,440 strips of three condoms per day while the demand in Villa Clara province alone was 5,000 daily.

Haltbarkeit per Dekret verlängern? Wenn da ein falsches Datum draufsteht, muss der Hersteller das zurücknehmen und korrekt gelabelte Ware liefern. Das ist auch in China nicht anders. Und selbst wenn: 1440 Dreierstreifen am Tag? Wieviel Leute beschäftigen die da? Einen? Selbst der eine würde in einem Jahr 1 Million Kondome schaffen, wenn wir die angegebene Menge mal ernst nehmen…