Verrohung durch Kondome?

Es gibt Werbungen, die ein Pärchen zeigen, das direkt nach dem Kennenlernen mit einem Kondom gemeinsam verschwindet. Das ist eine Darstellung von Ruck-Zuck-Sexualität, die zu sexueller Verrohung führen kann.

Albert Wunsch, Erziehungswissenschaftler, unterstützt durch Verena Weigand, Bereichsleiterin Medienkompetenz und Jugendschutz der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM). (Archiv-Version)

Wir lassen das jetzt mal so ein Weilchen sacken…
Ist es wirklich das Verschwinden mit Kondom, das zu sexueller Verrohung führen kann? Ernsthaft? Das erinnert mich irgendwie an die beispielsweise im südlichen Schwarzafrika verbreitete Vorstellung, Kondome würden zu Untreue verleiten (weil Seitensprünge ja keine Folgen mehr hätten), oder an fundamental-christliche Vorstellungen, dass die Sünde der Unzucht ja erst durch das Kondom so richtig aufblühen kann.

Den Rest des Artikels muss man nicht lesen – das ständige Gejammere um die eigene Unfähigkeit, Kindern zu erklären, was man schon längst hätte erklären sollen, bevor man sie „anstößigem“ Werbefernsehen aussetzt. Ja, Fernsehwerbung ist böse, Kondome natürlich auch, und wenn die Werbung nicht ständig und permanent Sexspielzeuge und „Ruck-Zuck-Sexualität“ anpreisen würde wie Sauerbier, würden unsere Kinder nicht zu sexuell verrohten Menschen heranwachsen, und die geplagten Erwachsenen müssten nix erklären, was ihnen peinlich ist.

Unsere Gesellschaft war da schon mal ein paar Schritte weiter.

(Oder das war alles natürlich ganz anders gemeint, und ich reagiere nur allergisch auf alle Versuche, Erziehung zu vergesellschaften. Wer weiß.)

Ist das noch ein Kondom?

Mir werden ja immer wieder allerhand Seltsamkeiten in die Timeline gespült, die vorgeben, Kondome zu sein (indem sie von ihren Machern oder deren Kunden als solche bezeichnet werden). Dabei sind Kondome (im engeren Sinne) nur diese, na Ihr wisst schon, Gummidinger zum Reinspritzen, so wegen #noKids und #noAIDS und so, und manchmal auch (im medizinischen Sinne) Überzieher, mit deren Hilfe bei inkontinenten Männern Urin aufgefangen und abgeleitet werden kann (obwohl letztere eigentlich nie Gegenstand dieses Blogs sind); gemeinsam habe beide jedoch, dass sie gleichermaßen als Medizinprodukte gelten und entsprechenden Regelungen unterliegen. Und nicht so wirklich sexy sind, wenn wir ehrlich sind.

Was wollte ich jetzt eigentlich…? Ach ja. Möchtegern-Kondome. Da git es also zum Beispiel Penis-Hüllen (z.B. diese hier), die trotz oberflächlicher (zumindest partieller) Ähnlichkeit mit Kondomen eben keine Verhütungs- und Schutzprodukte sind, oder Scherzkondome (die trotz oft fehlender oberflächlicher Ähnlichkeit meist tatsächlich zur Verhütung benutzt werden könnten (was aber meines Wissens kaum einer macht), oder sogenannte Penis-Verlängerungen, die weder Verhütungsmittel noch „Spielzeug“ sind, sondern eigentlich mehr psychologisch wirksame Ego-Aufrichtungshilfen. In letztere Kategorie gehört dann wohl auch der eigentliche Anlass der heutigen Notiz, der sogenannte Stealth Shaft Support, der – quasi als Mischung aus Kondom und Penishülle getarnt – eine Erektion vorgaukeln und somit zur beidseitigen Befriedigung beitragen können soll (auch die Venus Adult News berichtete).
Nun ja. Ich vermute zwar eher, dass jeglicher Rest einer Erektion (sofern vorhanden) beim Versuch, seinen Willy samt Anhängen in dieses Gerät zu quetschen, verloren gehen würde, aber das macht ja nichts. Hier wird schließlich Hoffnung verkauft (ähnlich wie beim bereits vor Jahren erwähnten Blue Diamond), nicht Heilung.

Kondome zu ersteigern

Ab heute geht es hoch her – die Ausstellungsstücke des ehemaligen Beate-Uhse-Erotikmuseums in Berlin, vormals im Leineweberhaus an der Ecke Kantstraße/Joachimsthaler Straße, nahe der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche zwischen Kurfürstendamm und Bahnhof Zoo, gelegen, seit 2014 jedoch geschlossen (und das Gebäude abgerissen), werden (noch bis zum Wochenende) versteigert, um die Schulden des mittlerweile insolventen Unternehmens abtragen zu helfen. Zu ersteigern gibt es natürlich (würde ich das sonst hier erwähnen?) auch alte Kondome, aus Schafsdarm, kunstvoll bedruckt (was seitdem bis Anfang dieses Jahrtausends niemand mehr in dieser Art gemacht* hat), mit einem Startpreis von 500 Euro – zum Beispiels dieses schöne Stück hier oder jenes (siehe Abbildung rechts). Diese Auktion ist für Liebhaber sehr zu empfehlen; etwas Kleingeld sollte man aber, wie gesagt, schon mitbringen. Nicht nur wegen der Kondome 🙂

* Vor einigen Jahren begann das junge Label Made In Love mit der Produktion von mit Kunstwerken bedruckten Kondomen. Sehr sehenswert, wenngleich auch sehr teuer.)

SL, UT: Garys Verklemmtheit in Salt Lake City, Utah

SL, UT ist die (aus postalischen Kreisen bekannte) Abkürzung für Salt Lake City, Hauptstadt und Beamtenhochburg des US-Bundesstaates Utah, der bisher eher wegen der dort zuhauf anzutreffenden Mormonen als wegen seines verklemmten (hatte ich nicht gerade gestern was über Verklemmungen? Was für ein Zufall…) Gouverneurs bekannt ist. Sonst nichts. Wer da etwas anderes hineininterpretiert, gilt (jedenfalls unter Mormonen) wohl schon als schwerer Fall…
HIVandMe.comEgal. Wie jedenfalls der SPIEGEL unter Berufung auf CNN meldet (und letztere haben es vom Lokalsender KSTU, der sich aber aus Deutschland nicht so ohne weiteres aufrufen lässt), hat sich ebenjener Gouverneur, ein Herr namens Gary Herbert, selbst (natürlich) Mormone und Republikaner, von der witzigen Idee, Menschen mithilfe manchmal zweideutiger Beschriftungen (siehe Bild; Link führt zur Bildquelle CNN) auf die Vorteile von Kondomen und deren Beitrag zur Verhinderung einer weiteren Ausbreitung von AIDS (etc.) hinzuweisen, seine eigenen Bürokraten, die zu selbigem Behufe eine (zum Zeitpunkt des Schreibens dieses Beitrags seltsamerweise nicht erreichbare) Website eingerichtet hatten, um die Vermeidung derartiger Anspielungen „gebeten“, mit der aus straff regierten Ländern bekannten Folge…

The Department of Health apologized and said that the designs did not go through necessary approval channels and that they have asked their partners to stop distributing immediately.

… dass sich das in dieser Kampagne federführende Gesundheitsminiterium wortreich beim Chef entschuldigt, die Verteilung des anstößigen Materials unverzüglich einstellen lässt und die zuständigen Mitarbeiter hingerichtet und ihre Familien verstoßen werden.
Und wenn Ihr jetzt denkt, jetzt sind da 100.000* Kondome für’n Arsch – dann hütet Euch, sowas auszusprechen (jedenfalls in Salt Lake City), denn das sind sie eben nicht mehr, verstanden!

*Klingt viel, ist es aber nicht wirklich. 100.000 Kondome passen, gut verpackt und gesichert, und ohne die Werbeverpackungen außenherum gerechnet, auf eine einzige Industriepalette.