Kondomturm, die Zweite. Und morgen ist 1. April.

Ein Update zum letzten Artikel – inzwischen meldet das Singener Wochenblatt:

Der chinesische Finanzinvestor Jiancheng Chen wird das 67,2 Millionen Euro teure Bauwerk in der Form eines Kondoms in unmittelbarer Nähe zum Hegau-Tower bauen, teilte die Pressestelle der Stadt Singen nun mit. (…) Krause war vor eineinhalb Jahren auf der Expo in Shanghai mit dem chinesischen Finanzinvestor Jiancheng Chen ins Gespräch gekommen. Dabei war die Idee zum dem außergewöhnlichen Projekt entstanden, das in dem Architekten Tadao Andō seine geistige Vollendung fand.

Der erste Spatenstich ist laut Singener Wochenblatt „wegen der schwierigen Terminlage des Finanzinvestors“ bereits morgen um 11. Sollte es also jemand dorthin schaffen und zum 1. April (ausgerechnet! Ts ts ts. Ein Schelm, wer Arges dabei denkt…) irgenwo in Singen einen Chinesen mit einem Spaten sehen – Fotos sind herzlich willkommen 🙂

Die Chinesen kommen

Die Frankfurter Rundschau wusste heute Erstaunliches zu berichten:

Mehr als 1,3 Milliarden Menschen leben in China, und die sollen – so will es der Staat – möglichst wenige Kinder bekommen. Ein perfekter Markt für den größten einheimischen Kondom-Hersteller, sollte man meinen. Doch offenbar nicht perfekt genug: Der chinesische Kondom-Hersteller Safedom sucht europäische Investoren oder Neuerwerbungen, um den internationalen Markt zu erobern, berichtet die britische Financial Times.

Na, wenn das nicht mal eine meldenswerte Meldung ist. Insbesondere, da eine nicht unbeträchtliche Zahl von „europäischen“ Kondomen bereits in China gefertigt werden – allerdings eben nicht von Safedom. Da liegt nämlich der Hase im Pfeffer: Es ist nicht so, dass der einheimische Markt nicht gut genug wäre – nein, die einheimische Konkurrenz erwirbt als Auftragsfertiger für westliche Marken internationales Renommée, und das wurmt die „Zurückgebliebenen“ von Safedom. Interessant ist allerdings folgender Absatz:

Dagegen ist Safedom, 2006 im chinesischen Yantai gegründet, bisher ausschließlich auf dem chinesischen Markt vertreten – allerdings mit Stückzahlen im dreistelligen Millionenbereich. Deshalb produziert das Unternehmen bisher auch überwiegend Kondome für Frauen, auch Femidome genannt, die in China als Verhütungsmethode weit verbreitet sind. Dabei arbeitet Safedom eng mit den chinesischen Behörden zusammen. An der Entwicklung der Produkte ist die Nationale Kommission für Bevölkerung und Familienplanung beteiligt.

Durex, nach eigenem Bekunden Weltmarktführer bei Kondomen, gibt sich „gelassen“; noch, so scheint es, ist die Position der Marke unangefochten. Ob sich das aber gerade jetzt angesichts der derzeitigen Lieferschwierigkeiten (manche Durex-Produkte sind seit Monaten nirgendwo mehr zu kriegen, bei manchen wird von weiteren mehreren Monaten ausgegangen, bevor sie wieder lieferbar wären) auf Dauer so aufrecht erhalten lässt, ist zumindest fraglich. Dass ausgerechnet jetzt, wo Durex wackelt, die Mitbewerber um einen besseren Platz auf dem Weltmarkt buhlen, kommt nicht von ungefähr.

Die Chinesen sind schuld

In den letzten Tagen konnte man wieder einmal eine ziemlich typische „Stille Post“-Geschichte mitlesen. Schlagzeilen wie „Südafrikaner wollen keine chinesischen Kondome“, „Chinesische Kondome für Südafrikaner zu klein“, „Gericht hat entschieden: China-Kondome für Südafrikaner zu klein“ und ähnliche sind das total verquere Ergebnis der schludrigen Kürzung eines eigentlich ganz normalen Vorkommnisses (na ja, normal sollte es vielleicht nicht sein, aber es kommt halt immer wieder vor) – es geht nämlich eigentlich darum, dass eine chinesische Firma den Zuschlag für eine Ausschreibung bekommen hat, obwohl sie ihn – wenn alles ordentlich gelaufen wäre – nie hätte bekommen dürfen. DAS ist die eigentliche Schlagzeile in Südafrika gewesen: es ging um die Auftragsmauschelei, nicht um die Kondomgröße und auch nicht um „die Chinesen“.
Eine gute Zusammenfassung findet sich auf IOL.co.za:

Millions of female condoms, which were not approved by the World Health Organisation (WHO), were destined to be distributed by the Department of Health after the government wrongly approved a tender for the condoms.
In a judgment delivered by the Pretoria High Court on Thursday, it emerged that the female condom – of which at least six million were to be distributed – was manufactured in China from polyurethane and not the required nitrile latex. (…) Siqamba Medical was awarded the contract to supply 11 million female condoms at R5.74 each, bearing the brand name “Phoenurse”. But the court was told that this product did not have WHO approval and was 20 percent smaller in diameter than the applicant’s condom.

„Die Chinesen“ – also die Firma Siqamba Medical – haben „den Südafrikanern“ also Sachen geliefert, die sie gar nicht bestellt hatten. „Kondome“ ist im Prinzip ja richtig, wie Sender Jeriwan melden würde, aber es waren eben Femidome, und die gibt es nun mal (wie „normale“ Kondome auch) in verschiedenen Ausführungen. Und was für Chinesinnen Standard ist, ist für Südafrikanerinnen etwas zu klein. Man hat also erstens die Ausschreibung versaut, und dann auch noch beim Bestellen geschlampt – Standard wurde bestellt, Standard wurde geliefert…
Ein typischer Fall von „Gier frisst Hirn“ auf beiden Seiten, und zusammen mit der bald schon normalen journalistischen Fehlleistung beim Verstehen und Umsetzen fremdsprachiger Meldungen kommt dann eben nur tendenziöser Schwachsinn raus. (Ja, Leute, auch Englisch ist eine eigene Sprache, und man muss sie lernen, um sie zu verstehen!)