Noch mehr Eiferer

Hatte ich sowas nicht gerade? Gutmenschen mit Missionierungsdrang? Wir haben sowas hier auch:

Die Deutsche Aidshilfe in Berlin begibt sich unter die Graffiti-Sprayer – für einen lobenswerten Zweck. Man will aufklären: Sex-Arbeiterinnen wie Freier. Mehr Fairness und Sicherheit auf beiden Seiten wird angemahnt. Und dazu werden Warnhinweise wie „Kondome schützen“ auf die Straße gesprüht, etwa im berüchtigten Rotlichtviertel in der Kurfürstenstraße.

So beschreibt Nobel & Frei die Aktion. Ja nee, ist gut. Eher & allerdings:

Es bestehen Zweifel, dass die gutgemeinte Aktion etwas bringt. Wahrscheinlich erreicht sie ohnehin nur die, die klar bei Verstand sind.

Yep. Wie sagt der Amerikaner dazu? „Preaching to the converted“. So schön einfach. Man tut „Gutes“ und redet drüber, und die Welt ist so, wie man sie gerne hätte. Ob so eine Aktion Sinn macht oder nicht, ist irgendwie nicht so wichtig. Konkret stellt sich die Aidshilfe Berlin hier auf die Seite der Hardliner (ich erinnere nur an das jetzt kommende Prostituierten“schutz“gesetz mit seinem Kondomzwang) – für eine Einrichtung, die eigentlich als Hilfs- und Anlaufstelle für Leute, von denen viele mit dem Mainstream nicht gerade auf gutem Fuße stehen, gedacht ist, macht sich eine solche Politisierung mithilfe der Moralkeule sicher nicht gut.

Rotlicht-Mafiosi denken an alles, nur nicht an das Wohlergehen von Sexarbeiterinnen.

Nur Schwarz-Weiß-Denker aber auch nicht. Mit Sexarbeiter(inne)n oder Freiern zu reden, könnte ja das eigene Weltbild durcheinanderbringen. Wer sich in dem Milieu auch nur ein wenig auskennt oder sich damit beschäftigt, weiß, wie kompliziert und vielschichtig es ist; eine Reduzierung auf böse Rotlicht-Mafiosi, brutal-geile Freier und arme, zu rettende Prinzessinnenmenschengehandelte Zwangsprostituierte ist genauso hilfreich wie ein Kondomzwang per Gesetz.

Bis hierher – und noch weiter…

Unter diesem Motto läuft dieser Tage (04. – 06. November 2011) die Präventionskonferenz der Deutschen AIDS-Hilfe e.V. im Ludwig Erhard Haus in Berlin.

Bis Sonntagmittag befassen sich rund 200 Expertinnen und Experten aus Aidshilfen, Selbsthilfezusammenhängen und Wissenschaft mit der aktuellen Situation in Deutschland und den Herausforderungen der Zukunft. (…) 30 Jahre nach der ersten öffentlichen Erwähnung von HIV ist die Bilanz der HIV-Prävention in Deutschland erfreulich. Das Schutzverhalten ist stabil, die Neuinfektionszahlen steigen seit einigen Jahren nicht mehr und liegen niedriger als in fast allen anderen mitteleuropäischen Ländern. Zugleich steht die Prävention vor neuen Herausforderungen.

So steht es in der Pressemitteilung der DAH von gestern. Detaillierte Informationen zur Tagesordnung und den Schwerpunkten finden sich unter www.Praeventionskonferenz2011.de.