Kondome aus dem Regenwald… Extra feucht, oder was?

Natex KondomeNein. Nicht extra feucht. Aber gut. Zumindest für den Regenwald – wie es mit der Qualität für den Anwender aussieht, kann ich nicht sagen, da die Kondome momentan nur in Brasilien erhältlich sind (und wenn man den Gerüchten glauben darf, nicht einmal gegen Geld, sondern nur gratis). Interessant ist zumindest, dass Natex-Kondome nicht, wie sonst allgemein üblich, aus aus Plantagenanbau gewonnener Latexmilch hergestellt werden, sondern dass ausschließlich Latexmilch aus wild wachsenden Gummibäumen verwendet wird; nach eigener Aussage ist dieses Latex besonders reißfest und soll statt der von der Norm geforderten 18 Liter bis zu 40 Liter Berstvolumen aufweisen. Also, Leute: Falls mal jemand in den „Wilden Westen“ Brasilien kommt und bis nach Xapuri vordringt: bringt mir bitte mal eine Handvoll Regenwaldkondome mit!

Die Schweizer wieder. Also nee.

Lesben mit KondomDa haben die Schweizer wieder einmal eine gute Kampagne pro Kondom angestoßen – weitaus kreativer als unsere BzgA mit ihrem Mantra „Mach’s mit“ (zumindest im Moment. Kann ja noch besser werden). Aber wie die Schweizer so sind, erliegen sie natürlich auch den Verführungen der bunten Bilderwelt. Nackte Frauen wirken werbetechnisch auf die Zielgruppe „Männer“ (zumindest die heterosexuellen) nun mal immer noch stärker – also nehme man gleich zwei davon und klebe ein Kondom drüber, siehe nebenstehendes Plakatmotiv.
Das wirkt dann für eine Kampagne, die doch auch und gerade auf schwule Männer abzielt, etwas… hmnja, gekünstelt – so sehr, dass sogar der Schweizer Blick am Abend darüber ablästern muss – immerhin besteht die Bildkampagne aus einem (1) Heteropaar, einem (1) schwulen Pärchen und zwei (2) lesbischen Paaren, was proportional etwas daneben scheint – genau wie die Ausrede von Daniel Seiler, Geschäftsführer der Aids-Hilfe Schweiz, die zusammen mit der Stiftung Sexuelle Gesundheit Schweiz die Kampagne unterstützt:

«Wir wollen niemanden ausschliessen, auch wenn die Gefahr einer Ansteckung bei lesbischen Paaren sehr gering ist», begründet Seiler das für eine HIV-Prävention ungewohnte Plakat-Sujet. «Ohne jemandem zu nahe treten zu wollen, kann es ja theoretisch sein, dass mal eine lesbische oder bisexuelle Frau mit einem Mann fremdgeht.»

(zitiert nach Blick am Abend)
Klar. Auch Schwule gehen ja mal mit ’ner Frau fremd, und Heteros müssen ja auch mal gleichgeschlechtliche Erfahrungen sammeln. Haben wir ja alle schon gemacht.
Aaaaargh.

Hut ab! Oder Hut auf? Oder lieber nicht?

Immer bombastischer werden die Versprechungen der Kondom-Erfinder – schließlich gab es ja feines Geld von Bill Gates zu gewinnen, da darf man nicht kleckern, sondern muss klotzen. Kein Wunder also, dass das kleine Hütchen, das Charlie Powell uns als Kondom der Zukunft verkaufen will, „Galactic Cap“ heißt. Galaktisch ist nicht, eher heiße Luft… denn das Funktionsprinzip ist für den durchschnittlich begabten Anwender schon einmal viel zu kompliziert. Hülle überziehen, am besten schon morgens, damit man selbige abends noch mit einem Samenfänger-Hütchen krönen kann? Abgesehen von den hygienischen Problemen dürfte das Vertrauen in die Funktionsweise nicht gerade riesig sein – ähnlich wie bei der größten deutschen Kondomerfindung, dem legendären Spraykondom.
OK, genug gelabert, hier ist das Eigenwerbungsvideo zu Eurer Erbauung:

Die Huffington Post hat noch ein paar Details, und wer immer auf dem Laufenden bleiben will, kann sich gerne galaktisch zutwittern lassen. Sollte das Teil jemals auf den deutschen Markt kommen, wird es mit Sicherheit über die Kondomotheke zu beziehen sein.

Kondomwerbung fördert Kondomnutzung … nicht.

Eigentlich sollten wir es schon seit Jahren wissen… aber solche Erkenntnisse gehören nun mal zu denen, die weniger gerne erwähnt werden, denn in der Werbung gibt es – auch und gerade für Kondome – immer noch genug zu verdienen. Quick & Stephenson haben in einem Aufsatz für Communication Research jedoch bereits 2007 belegt, dass Werbung für die Benutzung von Kondomen deutliche Reaktanz hervorruft – d.h. viele der druch die Werbung explizit angesprochenen Personen verwenden Kondome „nun gerade“ nicht.

The authors tested the conceptual coherence of this construct by examining its association with threat-to-choice perceptions and ad persuasiveness of condom ads. Across seven condom television ads, the authors found evidence in support of treating reactance as a latent variable comprised of negative cognitions and state anger.

Quick, Brian L. & Stephenson, Michael T. (2007). Further Evidence That Psychological Reactance Can be Modeled as a Combination of Anger and Negative Cognitions. Communication Research 34(3): 255-276. (Mit Dank an ScienceFiles, durch deren Artikel über Reaktanz ich mich wieder daran erinnerte, damals diesen Aufsatz gelesen zu haben. Leider habe ich ihn nicht mehr… falls mir also jemand was Gutes tun will, könnte er mir das als PDF schicken. Danke!)