Recht schreib Prüfung, Es gibt Sie!

Yohoho, und ne Buddel voll Rum. Diesmal für den Legastheniker, der glaubt, mit so einer schnell aus plagiierten Texten zusammengestrickten Seite könne man über Amazon-Affliate-Links kistenweise Geld scheffeln. Hat er bestimmt irgendwo gelesen. Falls er lesen kann. Schreiben kann er jedenfalls nicht; bis auf die irgendwo rauskopierten Sätze ist eigentlich kein einziger dabei, der auch nur irgendwie korrekt ist:
Screenshot: allergiefreie-allergiker.de/latexfreie-kondome/ vom 21.9.2014
Groß oder klein? Komma oder nicht? Männlich, weiblich, egal? Wir würfeln mal. Es gibt dazu übrigens auch eine Info im Impressum der Seite: „Die Inhalte dieser Website werden mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt. […] Die Nutzung der Inhalte der Website erfolgt auf eigene Gefahr des Nutzers.“
Har, har. Und die „Rechtschreib-Allergie“, unter der er wohl selbst leidet, hat er nicht mit in seiner „Allergien Liste“. Aber was nicht ist, kann ja noch werden: „Diese Liste wird von uns im laufe der Zeit erweitert, wer noch Allergien kennt die hier fehlen kann diese einfach als Kommentar hinterlassen. Wir werden diese dann im lauf der zeit nachpflegen.“
Aber zumindest hat der Beitrag mich in einer Hinsicht beruhigt: Es gibt mich. Und ich habe den Text gelesen, ohne Schaden davonzutragen. Zum Glück ist meine Rechtschreiballergikerallergie relativ symptomarm.
Ach so, fast vergessen: das kommt alles von hier. Müsst ihr aber nicht hinklicken. Alles, was orthografisch korrekt ist, ist irgendwoher kopiert (der Abschnitt „Was ist ein Kondom Überhaupt“ kommt beispielsweise 1:1 direkt von pharmawiki.ch, in korrekter Rechtschreibung [allerdings so, wie sie in der Schweiz üblich ist, also komplett ohne „ß“] und natürlich ohne Quellenangabe), der Rest tut einfach nur in den Augen weh.

(Update, 23.9.: Der von Pharmawiki geklaute Content wurde mittlerweile durch Text aus der Wikipedia ersetzt. Wie originell.)

Deutsche Kondome

„Deutsch“ ist ein Adjektiv, das seit längerem und in inflationärem Maßstab an alles und jedes angehängt wird. Dabei bezieht es sich ursprünglich lediglich auf Menschen und bezeichnet deren Zugehörigkeit zu einer sich über eine gemeinsame Sprache und Kultur definierenden Gruppe.
Heute können sogar Kondome deutsch sein. Angeblich. So deutsch jedenfalls, dass man sich vor Gericht darüber streiten muss, weil dem einen die Kondome nicht deutsch genug sind, während sie dem anderen zufolge ausreichend deutsch sind, um deutsch genannt zu werden. Ein seltsames Land, dieses Deutschland.
„Made in Germany“ war ursprünglich eine zweifelhafte Zwangsauszeichnung, mit der sich die Briten vor minderwertiger Importware aus Deutschland schützen wollten – heute kloppt man sich vor Gericht darum, diese Bezeichnung verwenden zu dürfen.
Latexkondome bestehen aus einem Material (Latex, vulgo: Gummi), das aus Latexmilch hergestellt wird, die von einer Pflanze stammt, die in Deutschland weder natürlich vorkommt noch angebaut werden kann, nämlich der Latexpalme (auch als Gummibaum bekannt, wenngleich nicht mit dem bürgerlichen Amtsstubengummibaum zu verwechseln, aus dem man keine Kondome machen kann). Das gesamte Rohmaterial (mit Ausnahme, vielleicht, einiger Prozesschemikalien, aber das erfährt man ohnehin nicht) kann also schon mal nicht „deutsch“ sein. Sehr viele Produzenten nutzen allerdings Technik deutscher Firmen bei der Produktion von Kondomen – auch das macht die Kondome allerding keinen Deut deutscher als sie ohnehin nicht sind. Hm.
Wenn man den Ausführungen des Gerichts nun folgt, dann ist der wesentliche Produktionsschritt, der die Deutschheit eines Kondoms definiert, die Herstellung des Rohlings, die in einer auf deutschem Boden befindlichen Produktionsstätte erfolgen muss. Kommen die Rohlinge nämlich aus dem Ausland, darf das Kondom nicht mehr deutsch sein. Nun ja. Im Ganzen spricht das für eine ziemlich nach Bilderbuchwissen geformt Entscheidung, denn das Tauchen eines Glaskolbens in aufbereitete Latexmilchlösung lässt zum ersten Mal das Endprodukt „Kondom“ erahnen, also muss genau das der wesentliche Produktionsschritt sein, der in Deutschland zu erfolgen hat, damit die Endprodukte dann ausreichend deutsch sind – unabhängig davon, dass dies nur einer von vielen Produktionsschritten ist.

Was also macht Kondome deutsch? Es ist also weder das Material noch die Technik, auch nicht die Technologie bzw. das Produktionsverfahren, es ist nicht die Nationalität der produzierenden Angestellten, es ist auch nicht die Eigentümerschaft der Hersteller (dann wären Beiersdorf-Kondome ja deutsch, Billy Boy französisch und Durex amerikanisch), nein, all das ist unwesentlich. Die Tauchstation muss in Deutschland stehen.

Das Ganze ist irgendwie genau so skurril wie ein Streit von T-Shirt-Produzenten darüber, ob das Einnähen eines in Polen gedruckten Schildchens mit Waschhinweisen in das in China genähte, aus ägyptischer Baumwolle in Indien vorverarbeitete und über die französische Tochter eines amerikanischen Konzerns importierte und dann in einem vietnamesischen Laden im Türkenviertel an australische Touristen verkaufte T-Shirt selbiges zu einem deutschen Produkt macht, wenn es in Deutschland stattfindet…

Ich persönlich bevorzuge ja Kondome, die dort hergestellt werden, wo das Rohmaterial herkommt (wenn es geht, auch gerne nachhaltig produziert und fair gehandelt), denn die qualitätsentscheidende Komponente ist das Rohmaterial und seine Verarbeitung, nicht der Standort der Tauchstraße. Und das gilt eigentlich für eine ganze Menge Dinge, nicht nur für Kondome.

Also: macht nur weiter. Nächste Station: Bundesgerichtshof. Popcorn!

Kondome erst ab 18? Aaargh.

Heute habe ich zum …zigtausendsten Mal auf einer der Websites, die als „Ratgeber zum Thema Kondome“ daherkommen (nein, ich verlinke das hier nicht. Geht doch selbst mal googeln), die „Information“ gelesen:

Kondome können über das Internet erst ab einem Alter von 18 Jahren bestellt werden.

Ich weiß nicht, wo diese „Experten“ ihr Wissen immer her haben. Vielleicht war es ja mal in grauer Vorzeit so, dass Kondome nur an Erwachsene verkauft werden durften (da wird es allerdings noch kein Internet gegeben haben), aber heutzutage sind Kondome hierzulande frei verkäuflich.

Es gibt keine Altersbeschränkungen beim Kondomkauf.

Verstanden? KEINE.
Zweifellos gibt es furchteinflößende Kassiererinnen im Supermarkt („Na, mein Kleiner…!??“), und zweifellos gibt es auch, sagen wir mal, spezialisierte Ladengeschäfte, in die man als Jugendlicher nicht reinkommt, auch wenn man, ähem, nur Kondome kaufen möchte – aber all das ändert nichts daran, dass Kondome ohne Alterbeschränkung oder Altersnachweis verkauft werden dürfen.

Die Tatsache, dass man in der Apotheke Bonbons kaufen kann, bedeutet ja auch nicht, dass man dafür ein Rezept braucht.

Liebe Leser: Wenn Ihr also so etwas wie „Kondome gibts erst ab 18“ auf einer „Ratgeberseite“ lest, lasst die Finger davon. Wer schon von den Grundlagen keine Ahnung hat… wird so eine Seite wahrscheinlich nur betreiben, um suchmaschinenoptimierungsirregeführte Nutzer über ein Affiliate-Programm dieser oder jener Art auf Kaufseiten zu locken und daran Provision zu verdienen. Das ist, wohlgemerkt, an sich nichts Schlechtes – wenn denn die „Informationen“ wenigstens den Klick wert sind.
Denn wenn ich dann neben dem P18-Gedöns auch noch Ausdrücke wie „CE-Prüfzeichen“ lese (dazu hatte ich hier ausführlich geschrieben) oder „handelsübliche Kondome sind aus Latex gefertigt“ (ja, nee, latexfreie Kondome sind ja absolut nicht handelsüblich, oder was?), dann ist bei mir Schluss mit lustig. Dass die Quellen für die Infos (egal welcher Art) nicht genannt werden, gehört ja – Urheberrechtsdebatte hin oder her – bei diesen Zubringerseiten schon zum „guten Ton“… schließlich soll es ja als eigene „Ratgeber“-Seite rüberkommen (Kleiner Tipp an die Macher: Es ist sehr auffällig, wenn sich einzelne Absätze stilistisch sehr unterscheiden, und wenn die zum Zusammenpfriemeln selbst geschriebenen Texte dann auch noch jede Menge Schreib- und Tippfehler enthalten, die in den kopierten Abschnitten nicht vorkommen…). So.

Kondome mit Gewissen

Nein, normale Gummis tun es schon lange nicht mehr. Farben, Formen, Aromen, Größen – alles schon da gewesen, alles ausgereizt, kennen wir schon, haben wir schon, bäääh. Da können sich Designer und Produzenten noch so viel Mühe geben, man kann ein Kondom nun mal nicht cooler machen als es ist.
Was also tun? Back to the roots. Man nehme ein gerades Standardkondom (weg von diesem materialistischen Ansatz!) und tue statt Aromen oder Noppen einfach ein wenig soziales Gewissen dazu. Und da kommen sie schon: vegane Kondome, fair gehandelte Kondome, nachhaltig produzierte Kondome, biologisch/organische Gummis, sogar als „ungiftig“ beworbene Kondome werden gehandelt. Und die Krönung sind Kondome für Gutmenschen:

Dedicated to world changing sex: We sell products that set a new bar in quality in order to raise funds for the movement to make safe sex a human right. L. condoms are made from the highest grade materials on earth without the harmful additives for her. For every condom you purchase, one is distributed in a developing country in need.

Möchte man da nicht sofort zugreifen? Hach… Ich kann mir nicht helfen, das Ganze erinnert mich irgendwie an „Bumsen für den Frieden“ oder so. Also: nein danke. Mein Sex bleibt unpolitisch.