Ja und?

werbekondomeManchmal weiß ich nicht, ob ich mich ärgern oder nur den Kopf schütteln soll… Ständig flattern hier „News“ rein, in denen (entweder im Täterätätä-Modus oder im Wie-kann-man-nur-Ton) irgendeine Agentur es für meldens- und berichtenswert handelt, dass diese oder jene Einrichtung, Firma, Frickelbude oder Partei plötzlich und unerwartet und hastenichtgesehen mit Kondomen wirbst. Mit Kondomen! Wirbt! Horrorschocker zur Mittagszeit oder Anwärter auf den nächsten Innovationspreis, mindestens.
Echt jetzt. Wenn das der Stoff ist, aus dem heutzutage Nachrichten gemacht werden, dann gute Nacht, Marie.
(Und nein, von mir gibts noch keine Werbekondome. Sonst hätte das bestimmt schon im SPIEGEL gestanden.)
(Fotomontage unter Verwendung eines Fotos von © Diana Taliun – Fotolia.com)

Kondom? Kann man schon mal weglassen.

Vor allem, wenn man in Sachsen-Anhalt wohnt. Meint zumindest die Mitteldeutsche Zeitung in ihrem gestrigen, ganzseitigen Plädoyer für eine Legalisierung von Cannabis (wegen der großen Wichtigkeit sowohl online als auch in der Printausgabe):

Marihuana-Konsumenten haben mehr Lust auf Sex, zugleich sollen sie auch vergesslicher sein – ein Kondom bleibt dann auch mal unabsichtlich in der Tasche. Sachsen-Anhalt, das immer noch unter Wegzügen und einer geringen Geburtenrate leidet, könnte sich folglich vermutlich bald nach einer Legalisierung über einen Anstieg der Geburtenzahlen freuen.

Klar. Und woher kommt der Optimismus, dass die Leute, die in Massen nach Sachsen-Anhalt kommen werden, um sich bekifft das Hirn aus der Birne zu vögeln, dann auch brav dort bleiben und zur Erholung der Bevölkerungszahlen beitragen werden? Die Sachsen-Anhaltiner haben es nun gerade nicht nötig, zum Kindermachen angehalten zu werden, schließlich haben gerade die östlichen Bundesländer noch immer eine im Vergleich zum Westen höhere und über dem bundesdeutschen Schnitt liegende Geburtenrate (1,4 Geburten pro Frau im Vergleich zum Deutschland-Durchschnitt von 1,36)… Nein, wahrscheinlich müsste man dann eher die Hamburger (1,27) busladungsweise zum Rudelbumsen nach Halle fahren.
Nun ja. Wir werden das beobachten; die (noch offene) Gremze zu Sachsen-Anhalt verläuft nur ein paar Kilometer von hier. Und das erste, was man sieht, wenn man selbige überquert, ist eine Müllkippe. Wäre sicher schön, wenn dort statt dessen ein paar Kindergärten inmitten grüner Hanfplantagen zu finden wären.

Alles nur geklaut

scroguardDa hatte ich vor gut 4 Monaten von einer chinesischen Erfindung berichtet („Elros“ bzw. „Eros Protector“), und schon kommt ein Ami und kopiert das. Jetzt ist es natürlich eine „amerikanische Erfindung“ und heißt „Scroguard“ (meldet der Focus). Wenn man sich auf der Website der „Erfinder“ die Bilder und Faktem zum ScroGuard ansieht, fällt die Ähnlichkeit zu der Erfindung der chinesischen Studentin sofort ins Auge. Also: Es sind nicht immer die Chinesen, die unsere genialen Ideen klauen…. allzu oft ist es eben auch andersherum.
(Davon abgesehen hat das Teil keinerlei erotisches oder Verhütungs-Potenzial. Aber wer sich für $19.99 ein Gummihöschen mit Loch kommen lassen will, dem ist eh‘ nicht zu helfen.)

Update, 14.10.: Mittlerweile ist die Meldung ja bei jedem Käseblättchen angekommen und wird überall wiedergekäut. Lustig wirds jedoch dann, wenn die Wiederkäuer beim Wiederkäuen ihr Denkorgan ausschalten. Da kommt dann sowas raus wie

Die amerikanische Sicherheitsbehörde hat Scroguard noch nicht zugelassen. (MaDonna)

Yessir. Und ohne Waffenschein kriegt man die Teile sowieso nicht. Und nur zur Info: die FDA ist mitnichten „die amerikanische Sicherheitsbehörde“:

Die Food and Drug Administration, kurz FDA, ist eine US-amerikanische Regierungsagentur, die u.a. für die Zulassung und laufende Kontrolle von Lebens-, Genuss-, Nahrungsergänzungs- und Arzneimitteln verantwortlich ist. Sie ist dem Gesundheitsministerium unterstellt. Ihre deutsche Entsprechung ist das BfArM. (DocCheck)

Am Kondom sollt Ihr sie erkennen

Jodeldihi, jodeldihei und rumtata, das Heimatkondom ist da. Also… noch nicht, aber bald. Bald wird jede Region in Deutschland ihren heimatverbundenen Bürgern Regionalkondome zur Verfügung stellen können, wenn diese Idee von Christian Atz verwirklicht wird:

„Heimatgummi“ ist eine Lifestyle-Kondommarke, die von regionalen Künstlern designed, den Lokalkolorit einzelner heimatverbundener Regionen aufgreift.

Bayrische Lederhosengummis, oder Fischhautkondome von der Waterkant, Berliner Currywurst-Pariser, alles ist jetzt möglich. Das ganze Projekt riecht zwar etwas (sprachlich gesehen) nach Hype – man beachte die im Umfeld verwendeten Denglisch-Kreationen „Elevator Pitch BW“, „Erasmus for Entrepreneurs Programm“, „iAccelerator“, „Black Forest Accelerator“, wo es eigentlich nur um das Einsammeln von Fördergeldern geht -, aber hej, warum nicht. Die Presse hat auch schon daran geschnuppert; so schreibt die Badische Zeitung in einem Kommentar:

Bislang konnte David Bonfils aus dem Elsass als erster Künstler gewonnen werden, für das Salzkammergut entwickelt Michael Schumer ein Kondom-Schächtele. Ob wohl Stefan Strumbel Interesse hätte, der dem Verhüterli vielleicht noch einen den Lustgewinn steigernden Bollenhut und Schwarzwälder-Kirschtorten-Geschmack verpassen würde? Und Tomi Ungerer fällt sicher auch was Passendes zum Thema ein.

Nun ja. Wenn sich das Projekt darin erschöpft, einzelne Kondome mit einer von einem Künstler gestalteten Umverpackung zu versehen (eine Leistung, die man bei fast allen Kondomproduzenten als „Werbekondom“ ab 100 Stück einfach kaufen kann), dann ist das Ganze nur ein … (nein, ich sags nicht. Der „Erfinder“ ist Jurist, da muss man vorsichtig sein).
Kleiner Tipp: „LifeStyles Kondome“ sind eine Marke des Ansell-Konzerns. Die könnten durchaus verschnupft reagieren, wenn sie von „Lifestyle-Kondomen“ hören, die eigentlich nur Standardgummis mit Werbeaufdruck sind. Ach ja, „Elevator Pitch„, my ass:

Der Elevator Pitch BW bietet Gründerinnen und Gründern eine attraktive Plattform, um sich und ihre Geschäftsidee vor einer hochkarätigen Jury und einem Publikum aus regionalen Institutionen, potenziellen Investoren, Geschäftspartnern und Kunden zu präsentieren. Die jeweiligen Gewinner der lokalen Pitch-Wettbewerbe (Regional Cups) bekommen die einmalige Chance, im Landesfinale im Sommer 2015 ihre Geschäftsidee zu pitchen und ein Preisgeld zu gewinnen.