Kapitalverbrechen im Bayrischen Wald

Tut mir leid, liebe Urheberrechtsfanatiker, wenn ich jetzt mal mehr zitiere als eigentlich zulässig, aber die Meldung ist trotz ihrer bombigen Schlagkraft zu kurz (sie besteht nur aus drei Sätzen), und ich mag diese beiden Sätze auch nicht gern verstümmeln:

Im Rahmen der anschließenden körperlichen Durchsuchung eines 28-jährigen Arbeitslosen aus Baden-Württemberg gab dieser freiwillig ein Kondom heraus, in dem sich drei Druckverschlusstütchen mit mehreren Gramm Crystal befanden. Aufgrund dieser nicht geringen Menge übernahm das Kommissariat 10 die weiteren Ermittlungen.

Es handelte sich um einen von zwei Insassen eines tschechischen Taxis, „das kurz zuvor aus Tschechien eingereist war.“ Das Taxi, wohlgemerkt. Ich stelle mir das gerade so bildlich vor, die die „Streife der Schleierfahndung“ (fahnden die verschleiert?) diese Insassen prüft, worauf einer der beiden freiwillig(!) seine „nicht geringe Menge“ (also ein paar Gramm) den Freiwilligkeitsnachhelfern überreicht. Wow. Also ich finde, hier muss es mindestens die Todesstrafe setzen! Lasst das gesamte Kommissariat in diesem Fall schwerster Kriminalität ermitteln!
Kondommissbrauch durch 28-jährige baden-württembergische Arbeitslose in einem tschechischen Taxi mitten in Bayern – das ist ein Fall mit internationalen Dimensionen, bei dem noch so viele Fragen offen sind. Wer war der zweite Mann? Ein V-Mann des bayrischen Schleierdienstes? Was war das für ein Kondom? Welcher Kondomhersteller steckt dahinter? Eigentlich müssten Kondome, die zum Transport von Drogen geeignet sind, verboten werden. Genau wie Flüssigkeiten zum Sprengen von Flugzeugen. Oder überhaupt.
Das Ganze stand in der Mittelbayerischen im Schambereich Cham-Regionalteil, leider ohne Angabe eines Autors – dabei hätte ich ihm die Namensnennung doch so gerne gegönnt…

Kondome im Seitenfach sind vollkommen unverdächtig

Zum Wochen- und Monatsende der aktuelle Seitensprungzubehöraufbewahrungstipp von Redakteur(inn?)en, die es wissen müssen:

Damit der Partner erst gar keinen Grund hat, sich zu wundern, falls er das Kondom entdeckt, verstauen es die meisten Frauen in einem verschließbaren Seitenfach.

Völlig richtig. Wenn Mann beim regelmäßigen Durchsuchen der Handtasche seiner Frau ein Kondom „einfach so“ in der Handtasche findet, fängt er an, sich zu wundern. Findet er es dagegen in einem verschließbaren Seitenfach, ist alles klar. Schließlich weiß Mann doch, dass Frauen mit Kondomen in verschließbaren Seitenfächern diese dort nie deswegen aufbewahren, um sie fremdgängerisch zu nutzen; für sowas nimmt Frau ja nur im Hauptteil der Handtasche herumliegende Kondome.
Liebe GoFeminin-Bildbeschrifter(innen?): Über Frauen und Männer müsst Ihr noch viel lernen, gell?

„In der Apotheke (…) kennt man sich aus und Sie erhalten Qualitätsware“

Früher fingen Märchen immer – und ohne Ausnahme – mit „Es war einmal“ an. Das ist leider oft nicht mehr der Fall, insbesondere, wenn die Realität durch Wunschdenken ersetzt wird. Wie zum Beispiel in der „Apotheken Umschau“, der Zeitschrift ohne Bindestrich (OK, es fehlen ihr vielleicht auch noch ein paar andere Qualitäten, aber für ein reines Werbeblatt wollen wir da mal nicht so streng sein).

Frauenarzt König rät: „Lassen Sie sich beim Kondomkauf grundsätzlich in der Apotheke beraten. Dort kennt man sich aus und Sie erhalten Qualitätsware.“

So lässt sich Dr. Klaus König vom Vorstand des Berufsverbandes der Frauenärzte in der aktuellen Umschau zitieren. „Manche Menschen reagieren tatsächlich allergisch auf Präservative“, heißt es da unter anderem. Auch wenn das später noch etwas relativiert wird, der erste Eindruck steht: Es gibt sie tatsächlich, die Kondom-Allergie. Und wieder ist ein Schritt getan – nicht in Richtung Aufklärung, sondern auf Dummenfang. Da kann man sich manchmal nur die Haare raufen – „Kondomallergie“. Grrr. Und dann wird einem noch weisgemacht, man müsse es den Leuten ja so einfach wie möglich erklären, sonst verstünden sie es nicht (so erst kürzlich von einem Journalisten gehört). Klar, kein Problem damit – solange dadurch nicht nur Schwachsinn rauskommt. Genauso könnte man nämlich den Heuschnupfen mit dem Hinweis auf eine „Naturallergie“ erklären.
Und übrigens, lieber Herr Dr. König: Ich weiß ja nicht, wann Sie das letzte Mal in einer Apotheke waren – aber das Sortiment an Kondomen können Sie vergessen, da hat jeder Supermarkt mehr (über die Qualität will ich jetzt mal nichts sagen, da kann sich jeder selbst ein Urteil bilden). Und was die Beratungskompetenz hinsichtlich Kondomen angeht, ist in den meisten Apotheken oft nicht mal das an Wissen vorhanden, was in der „Umschau“ steht.

P.S. Auch T-Online spricht unter der reißerischen Überschrift „Wenn das Kondom Asthma auslöst“ von einer „Kondom-Allergie“. Aber da wundert das keinen, die schreiben ja eh nur von so vermeintlich seriösen Fachpublikation wie der „Umschau“ ab. Das hier am Schluss fand ich besonders gelungen:

Fast jeder große Kondomhersteller hat spezielle latexfreie, allergenarme Präservative im Angebot.

Fast richtig, möchte man rufen – wenn mit „fast jeder“ ca. 1% gemeint ist, natürlich nur. Aber das hängt dann wohl eher davon ab, wie man rechnet – alle, die keine haben, sind dann wohl keine „großen“. Zumindest für T-Online.

Wissen BILD-Leser nicht, wie ein Kondom aussieht!?

aufgeklebte KondomeNun, zumindest hat es den Anschein; warum sonst müsste BILD ein Foto derart nachbearbeiten? Ein kürzlich veröffentlichter Beitrag über die Forderung der Hamburger Grünen-Chefin nach kostenlosen Kondomen für Hartz-IV-Bezieher wurde mit einem Foto der Politikerin illustriert, auf dem sie drei Kondome zeigt – es könnte ja sein, dass jemand nicht weiß, wie die so aussehen. Damit das Ganze noch deutlicher wird (es bestünde ja sonst die Möglichkeit, dass man die viereckigen Siegelfolien mit dem deutlich sichtbaren Aufdruck „Durex“ für irgendentetwas anderes halten könnte – Schokoriegel, Dollars, Bildungsgutscheine…), hat der zuständige Realitätsverzerrer noch schnell ein Kondom außen auf die Siegelfolie draufretuschiert Durex Kondom (Sorte: Be Close, Juni 2013) Vorderseite(links im Bild ein echtes Durex-Kondom, mal schnell eingescannt). Natürlich könnte dadurch jetzt (zumindest bei Leuten, die noch nie Kondome benutzt haben – ist das die Zielgruppe der BILD?) der Eindruck entstehen, Kondome gebe es nicht hygienisch versiegelt IN einer Folie, sondern aufgeklebt AUF eine solche. Ich weiß ja, dass BILD-Leser gerne für dumm gehalten werden, und dass deswegen viele Politiker gerne in der BILD auftreten, wo sie meist unwidersprochen den größten Blödsinn ablassen können, aber manchmal… ach, vergessen wir’s.

Ich bin dafür, BILD-Redakteue mit gratis Kondomen zu versorgen. Durex, ausgepackt und augeklebt, natürlich. Vielleicht kann dann die nächste Generation Zeitungsleser wieder Vertrauen fassen in die Berichterstattung.

Bild- und Artikelquelle: www.bild.de/regional/hamburg/kondome/gratis-fuer-beduerftige-fordern-gruene-30785958.bild.html, Bild-Unterschrift: „Hamburgs Grünen-Landeschefin Katharina Fegebank (36) will Menschen mit Hartz IV bei der Verhütung helfen“, Foto: Ronald Sawatzki. Ich lasse ja in diesem Blog nicht gerne den Piraten raushängen, aber ich hoffe, der Ausschnitt ist klein genug, dass hier nicht gleich wieder eine Horde Anwälte wegen Urheberrechtsverletzung in die Spur geschickt wird, weil ich mit dem „Content-Diebstahl“ die gesamte Familie des Fotografen (der von der kleinen „Nachbearbeitung“ seines Fotos möglicherweise gar nichts weiß?) ins jahrhundertelange Elend stürze. Das veröffentlichte Bild ist 1280×720 Pixel groß, besteht also aus 921.600 Bildpunkten; der Ausschnitt ist 128×146 Pixel große, hat also 18.688 Bildpunkte, das entspricht 2% des Originalbildes. Sollte als Zitat gerade noch durchgehen.

Ach so, was wollte die Grüne da gleich noch? Ach ja: „IHRE FORDERUNG: KONDOME GRATIS. SPIRALE UND PILLE AUCH! Ein Rundum-Sorglospaket sozusagen wie es vor 2005 war, bis die Hartz-IV-Gesetze eingeführt wurden.“ Ich glaube, die Grammatik ist © BILD, die junge Frau sieht dafür zu intelligent aus. Und natürlich gab es auch vor 2005 kein Recht auf Gratiskondome. Aber hej, wen scheren schon solche kleinen Retuschen an der Realität 🙂 Schließlich stecken in dem „Artikel“ ja noch ein paar mehr.