Nevada verbietet Fortpflanzung

… könnte man meinen, wenn man so auf der Spur angeblich „skurriler Sex-Gesetze“ das Internet durchstreift.

Im US-Bundesstaat Nevada ist Sex nur erlaubt, wenn dabei ein Kondom benutzt wird. Da bleibt den Einwohnern von Nevada wohl nichts anderes übrig, als den Staat zu verlassen, wenn sie sich nach einem gemeinsamen Kind sehnen. Denn das Zeugen von Kindern dürfte problematisch werden, wenn Sex ohne Kondom illegal ist.

Ja, liebe Qualitätsjournalisten von MSN, nicht alles, was im Internet steht, ist wahr – und wird durch ständige Wiederholung auch nicht wahrer. Völlig egal, dass auch nur ein kleines Restchen gesunden Menschenverstandes (sofern vorhanden) hier hätte „hoppla!“ rufen müssen – oder dass man als Journalist mal sowas wie eine „Quelle“ (ja, Fremdwort, ich weiß, googelt selbst, wenn Ihr nicht wisst, was das ist) suchen hätte können für so eine Behauptung… Blöd nur, dass man dann darauf gestoßen wäre, dass diese Vorschrift (die es tatsächlich gibt) lediglich für Prostituierte (und auch nur bei der Ausübung ihres Berufes; auch die haben kein Fortpflanzungsverbot!) gilt…
Eine sehr gute Zusammenfassung zur Situation der Prostitution in Nevada (das ist da, wo auch Las Vegas ist. Nur zur Info.) gibt die englischsprachige Wikipedia – die hätte auch ein Journalist in 5 Minuten finden können.

Durex ist kein Konzern

Daft Punkt WerbekondomManchmal kriege ich echt die Krise, wenn ich so qualitätsjournalistische Auswürfe zu lesen bekommen – insbesondere, wenn diese dann hundertfach wiedergekäut und auch noch im letzten Käseblättl irgenwo aufs Papier gerotzt oder als Bindemittel zwischen Online-Werbebannern benutzt werden. Dieser Tage geht eine „Meldung“ (ich kann das nur in Anführungszeichen schreiben, sorry) über so eine obskure Band namens Daft irgendwas durch den Online- und Raschelblätterwald, da stehen dann so Sachen wie:

  • Daft Punk & Durex bringen Kondome auf den Markt (OK!Magazin)
  • Daft Punk: Ihre Kondom-Linie wird zum Club-Hit (Klatsch-Trasch.de)
  • Daft Punk: “Get Lucky” gibt es jetzt auch als Kondom
  • „Get Lucky“ dank Daft Punk: Französisches Elektro-Pop-Duo bringt Pariser heraus (Stern)
  • Das Due Daft Punk stellt jetzt Kondome her (dpa)
  • Daft Punk verkaufen Kondome „Get Lucky“ mit Verhütungsmitteln (Pro Sieben)

(Nein, ich verlinke den Mist nicht. Sucht’s Euch selber, wenn Ihr’s braucht)
Da ist dann im „Text“ vom „Kondom-Konzern Durex“ die Rede; einen Tag vorher war es noch eine „Kondomfirma“ – dass das nur eine Marke ist, die dem US-amerikanischen Mischkonzern Reckitt-Benckiser (andere Marken: Clearasil, Calgon, Nurofen, Vanish, Finish…) gehört, ist irgendwie uninteressant. Das Ganze wird als „skurrile Geschäftsidee“ bezeichnet, die nur noch durch – man glaubt es kaum – Action-Figuren (!) überboten werden wird… und all das ist so wahnsinnig neu und phantastisch und großartig und skurril und geil und wow… Ja, Kondome mit Verhütungsmitteln, wo gibts denn sowas. Und die Zwei-Mann-Band mutiert in der Presse auch gleich zum „Hersteller“ (wenn die sich selbst als solcher bezeichnen würden, wäre das in Deutschland schon Grund für eine saftige Abmahnung).
Reality Check: Eine „eigene Kondommarke“ kann jeder herausbringen. Es gibt genügend Firmen, die direkt auf sowas spezialisiert sind (nennt sich „private label“), und so gut wie jeder Hersteller bietet das quasi als Nebenbeigeschäft mit an – genau das, was auf dem Bild zu sehen ist: ein schlichtes Werbekondom.

Kondome im Aufklärungsunterricht – oder besser nicht?

In einer vierten Klasse an der Volksschule Hitzendorf (Graz-Umgebung) wurde Kindern gezeigt, wie man mit Kondomen umgeht – anhand von Skulpturen, die „circa“ die Form eines Penis hatten.

… meldete die Kleine Zeitung aus dem österreichischen Graz am letzten Donnerstag. Lest Euch den Artikel ruhig mal durch.
Meiner Meinung nach (und auch aus meiner praktischen Erfahrung als Vater und Großvater) ist es viel einfacher, Kindern Sinn und Gebrauch eines Kondoms zu erklären, solange sie noch sexuell inaktiv sind und diese ganzen Dinge nicht so tabubeladen sehen wie Erwachsene. Bei uns haben das alle sehr früh erklärt bekommen (nicht erst in der 4. Klasse, da ist es schon fast zu spät) – vom Kinderkriegen (und -machen) über die Tatsache, dass das Erwachsenen auch einfach so Spaß macht bis hin zur Erklärung, dass man das Kondom braucht, um sich vor Schwangerschaften (einerseits) und Ansteckung mit Krankheiten (andererseits) zu schützen. Wo ist da bitte das Problem? Kinder sind rationalen Erklärungen gegenüber immer aufgeschlossen und begreifen leicht, und wenn man es als Kind begriffen hat, kommt einem der „Aufklärungsunterricht“ an der Schule vollkommen überflüssig vor – und man übt sich eher im Fremdschämen für die bemühten Versuche der mit hochroten Ohren dastehenden Lehrerin, einem vollkommen normale Dinge zu erklären.

Trallala, der Zoll ist da…

Manchmal fragt man sich… Die Wiener Zeitung meldete letzten Freitag die Beschlagnahme von 1.5 Mio angeblich gefälschter Kondome in Polen.

Suspicious officials at the port in Gdynia noticed the consignment of contraceptives were supposed to be a popular brand called You and Me, made in the Czech Republic. „It made no sense. Why would condoms made there be shipped to China and then shipped back?“ explained one customs officer.

Lieber Zöllner – ich erklär Dir jetzt mal, was Dir der „warehouse owner in central Poland who was to have received the shipment“ sicher mittlerweile auch schon erzählt hat. Die Kondome der Marke „You and Me“ werden keinesfalls in Tschechien hergestellt (und demzufolge natürlich von dort auch nicht nach China verfrachtet und wieder reimportiert), dort sitzt nur der Markeninhaber. „You and Me“ ist kein tschechisches Produkt, nur eine tschechische Marke (die auch nur in Lizenz benutzt wird, aber egal). Die Kondome werden in China hergestellt und sind für jeden Interessierten ebenfalls dort zu erwerben, mitsamt Marke, wenn nötig. Das läuft nun mal so heutzutage – kaum jemand (von ganz wenigen Werken abgesehen) in Europa stellt wirklich noch Kondome her, bestenfalls werden sie hier noch gesiegelt, meistens jedoch schon fix und fertig importiert, mitsamt Schachtel, Beschriftung und allem Drumherum. Nicht nur aus China, natürlich.
Blöd ist es natürlich nur, wenn der Importeur gerne als Hersteller durchgehen würde und dann „made in [hier beliebiges europäisches Land einsetzen]“ auf seine Schachteln drucken lässt und somit den (falschen) Eindruck erweckt, die Kondome wären hier hergestellt (und nicht nur eingetütet) worden. Einer bekannten deutschen Marke hat das auch erst ein Richter verklickern müssen, das das nicht dasselbe ist; und die Kollegen in Polen und Tschechien werden jetzt vor dem gleichen Problem stehen: Entweder bleiben sie bei „hergestellt in Tschechien“, dann ist die Ware weg, oder sie ertrotzen sich ihre Ware, dann ist aber die Reputation im Eimer.