Hitzetod. Jetzt aber wirklich.

Nein, nicht Klima. Darum kümmern sich andere.
Es geht (wieder einmal) um „thermische Verhütung“ – ein Thema, zu dem es hier schon mehrere Beiträge (hier, hier oder auch hier) gibt. Und wieder einmal hat jemand das Prinzip neu erfunden, diesmal in Frankreich, wie die NZZ (Archiv) zu berichten weiß:

Der Ring [soll] die Welt verändern. Haben die Männer ihn über ihren Penis gerollt, können sie den Hodensack durch den Ring ziehen, wodurch die Hoden rückwärts in den Körper geschoben werden. Dort ist es so warm, dass sie nach einer Weile die Spermienproduktion einstellen, wenn man sie im Schnitt 15 Stunden pro Tag trägt.
Die Ringmänner wollen eine Revolution anzetteln. Sie wollen sich selbst und ihre Partnerinnen vom Patriarchat befreien, das den Frauen die Verantwortung bei der Verhütung aufbürdet. Maxime Labrit ist ihr Anführer, es hat ihm den Übernamen «Che Guevara der Verhütung» eingebracht, und der Ring ist so etwas wie die Kalaschnikow dieser kleinen Rebellentruppe: günstig und robust. Ausserdem ist er theoretisch überall herstellbar.

Johoho, und ne Buddel voll Rum. Ich empfehe mal nachzulesen, wer Che Guevara (abseits des Mythos) tatsächlich war (mit Verhütung hatte der vater von 5 Kindern wohl auch eher nichts am Hut):

Der aus Kuba stammende US-Amerikaner Humberto Fontova beschreibt Guevara als ineffektiven wie brutalen Taktiker. Verschiedene Kritiker führen das Scheitern der von Guevara verantworteten Wirtschafts- und Industriepolitik auf seine Persönlichkeit wie auf unzureichende wirtschaftspolitische Konzepte zurück.
Guevara wurden darüber hinaus Folter und Ermordung hunderter kubanischer Häftlinge, der Mord an Kleinbauern im Operationsbereich seiner Guerillatruppen sowie später die Freude an der Exekution von Gegnern und die Einrichtung des ersten Arbeitslagers auf Kuba vorgeworfen. Seine Brutalität umschrieb er mit paradoxen Formeln, etwa der Definition des Ansporns des Revolutionärs in „einem unermesslichen Gefühl der Liebe“, wobei er sich gleichzeitig darin üben müsse, „eine kaltblütige Tötungsmaschine zu werden, angetrieben von blankem Hass“.

Nun ja. Vielleicht bezieht sich die Ähnlichkeit zu Guevara auch auf die Ablehnung bürgerlicher Normen, wie zum Beispiel der Vorschriften über Medizinprodukte…

Labrit hatte sich nie bemüht, den Ring als medizinisches Gerät zu registrieren. Er glaubt, dass ihn ein paar konservative Ärzte verpfiffen hätten. Die Eltern tot, die Produktion von der Polizei gestoppt, aber auf Labrits Website erkundigten sich immer noch Dutzende Männer, wie die thermische Verhütung funktioniere und ob man Ringe bestellen könne. Labrit dachte dreissig Tage nach, dann begann er ein neues Projekt. Statt Verhütungsringe bot er auf seiner Website nun Dekorationsgegenstände an: «Ringe aus Silikon, geformt durch die eisigen Winde des Satelliten Umbriel, freigesetzt in den Gasen von Ariel und fossilisiert in der flüssigen Atmosphäre des Uranus. Voilà, ein Talisman!» Dass der dekorative Ring mit den Verhütungsringen identisch ist? «Zufall. Was die Leute zu Hause damit machen, ist ihnen überlassen.» (NZZ)

Einen wahren Revolutionär kümmern Gesetze bekanntlich nicht 🙂

Abgesehen davon: Kondome sind einfach, billig, und sie funktionieren. Aber hey, macht nur. Auch diese Revolution wird still und leise vor sich hin sterben. Hoffen wir nur, dass der Chefrevolutionär nicht das Schicksal von Che Guevara teilen muss, denn

Labrit ist kein stürmischer Revolutionär. Eher ein menschgewordenes Antiserum, das statt im Blut einzelner Menschen auf den Flüssen und Kanälen durch Europa treibt und die Gesellschaft vom Patriarchat heilt.

Die Mystery Box

die heute bei mir auf dem Tisch steht, ist das neueste Beispiel für eine kreative Handhabung der Kennzeichnungsvorschriften. Soviel vorweg: Es ist (fast) alles da, was vorgeschrieben ist – das Einzige, was man allerdings von außen (also ohne die Packung zu öffnen) sehen kann, ist ein Logo (on top) und ein Barcode (an der Seite).
Ich sehe ja ein, dass man auch mit Druckertinte sparsam sein muss (wir sind ja alle öko, und so), aber gleich alles wegzulassen, was dem potentiellen Käufer die Identifizierung des Inhalts ermöglicht, halte ich doch für gewagt. Aber gut, der Anbieter bewirbt „anonyme Lieferung“ – noch anonymer geht wirklich nicht. Der Barcode lässt sich zwar scannen – zum Lesen ist er fast zu klein -, und die Google-Suche nach dieser Nummer führt auch zu ein, zwei Angeboten auf Marktplätzen, aber sonst erfahre ich nichts.
Apropos Druckertinte sparen – war doch nicht der Grund, denn nach dem Öffnen zeigte sich die Innenseite im Vollfarbdruck, und zwar mit allem, was man so an Informationen erwarten würde. Nicht perfekt und nicht 100%ig konform (und wenn man eine gute Lupe besitzt, kann man auch die ordnungsgemäß beigelegte Anleitung lesen; Brille allein reicht nicht), aber ausreichend. Nur halt innen statt außen. Man kann also erst nach dem Öffnen der Verpackung das Verfallsdatum sehen oder den Hersteller identifizieren… was, glaube ich, nicht im Sinne des Gesetzgebers ist. Und auch nicht in dem des (potentiellen) Kunden.
Nur nebenbei: die Kleinstpackung dieser Marke (mit 5 Kondomen) gibt es auch „richtig herum“ bedruckt und einigermaßen ordentlich gekennzeichnet. Warum man das bei den größeren Abpackungsgrößen ausschließlich auf die Innenseite verlagert hat, ist mir unklar. Billiger wird’s dadurch jedenfalls nicht… Der in den Niederlanden ansässige Lieferant meint zwar auf Rückfrage „They are (legally checked!) suitable for the internet/online shopping“, aber nun ja. Hier jedenfalls nicht.

Unbeantwortet

… bleibt die Eingangsfrage einer Beitragsankündigung der hessenschau (Archiv):

Welche Kondompackung lässt sich mit feuchten Fingern einfach öffnen?

Nach der Auswahl an Kondomen zu urteilen, hatte es ohnehin keinen Unterschied gegeben – alle gezeigten Sorten (Amor, Ritex, Durex, MisterSize) benutzen rechteckige Siegelfolien, die man am gezackten Rand aufreißen muss – und alle wären damit gleichermaßen (un-)geeignet für die Handhabung mit feuchten Händen. Natürlich gibt es Alternativen, aber da die Frage aus dem Anreißertext gar nicht aufkam, schein man da auch von vornherein nicht nach anderen Verpackungsvarianten geschaut zu haben. Schade. Ist ja nicht so, als ob es da keine gäbe 🙂
(Vom „perfekten Kondom fürs erste Mal“ ist natürlich auch nicht die Rede. Offenbar hatte der Praktikant, der den Anreißer schreiben musste, keine Zeit, den anderthalb Minuten langen Beitrag wenigstens mal anzuschauen. Örrrr…)

Über die gleiche Aktion gibt es auch einen etwas längeren Beitrag in der ARD-Mediathek (Archiv), mit einer im Beitrag tatsächlich beantworteten Frage „Wie reißfest sind Kondome wirklich?“:

Paul Wiebe und Eduard Schmidt vom Internat Hansenberg in Geisenheim testen ganz offiziell Kondome. Die beiden Schüler nehmen damit am Wettbewerb „Jugend testet“ der Stiftung Warentest teil. Dafür brauchen sie unter anderem einen Schraubstock, Kabelbinder und auch einen Federkraftmesser.

Die Stiftung Warentest erwähnt diesen Wettbewerbsbeitrag hier (Archiv).

Produkttests: Das sind die Gewinner
1. Platz: Kondome
Ein heikles Thema durch Aufklärung enttabuisieren, das war das Ziel von Eduard Schmidt (links) und Paul Wiebe. Sie prüften etwa die Gleit­fähig­keit der Kondome mit Gleitgel und Feder­kraft­messer, ermittelten die Keimbelastung und machten eine aufwendige Umfrage zur Verpackung. Die Jury war beein­druckt.

Herzlichen Glückwunsch!

Gefesselt schlafen hypoallergene Kondome

Grottig. Anders kann man den aktuellen Google-Suchalgorithmus momentan nicht bezeichnen. Offenbar ist er derzeit sehr leicht zu manipulieren und erkennt auch entsprechende Aktionen nicht mehr, denn momentan passiert genau das, was Google eigentlich schon sehr frühzeitig in seiner Entwicklung versucht hat zu verhindern, nämlich die massive Verzerrung von Suchergebnissen durch SEO-„optimierte“ Seiten, deren tatsächlicher Wert für den Suchenden weit unter Null liegt.
Seit Wochen bekomme ich in den Suchergebnissen bei den Google Alerts für mein Lieblingsstichwort („Kondom“, was sonst) fast nur noch Müll-Seiten geliefert. Beispiele gefällig? Bitte sehr:
Google-Suchmaschinenmüll""
Google-Suchmaschinenmüll
Google-Suchmaschinenmüll
Google-Suchmaschinenmüll
Google-Suchmaschinenmüll
Google-Suchmaschinenmüll
Google-Suchmaschinenmüll
Ganz ehrlich? Das ging schon mal bedeutend besser. Es ist ja nicht mal mehr lustig.